Das Tetzelhaus in Pirna
Beim Tetzelhaus handelt es sich um das älteste bis zur Dachspitze erhaltene Bürgerhaus Sachsens, es wurde um 1381 in seiner heutigen Kubatur erbaut. Nicht nur für die Stadtgeschichte ist das Tetzelhaus von herausragender Bedeutung, mit dem Kleinod des Hauses, der Bohlenstube, hat es eine deutschlandweite Dimension.
Somit erzählen die alten Gemäuer und die Chroniken beeindruckende Geschichten aus längst vergangenen Zeiten. Ein kleiner Streifzug durch das Haus zeigt Einflüsse aus unterschiedlichen Epochen. Die östlichen Kellergewölbe stammen aus der Zeit der Romanik (um 1200), das zweigeschossige, lang gestreckte Haus stammt aus der Gotik (1380/1381), die Fassade wurde in der Renaissance umgestaltet. Trotz vielen Veränderungen entspricht das Haus mit seinem heutigen Grundriss noch weitgehend dem gotischen Bau.
In der Hausgeschichte kommt auch der bekannte Dominikanermönch und Ablassprediger Johann Tetzel, ein Gegenspieler Martin Luthers, vor. Er wurde um 1465 in dem nach ihm benannten Haus geboren. Bis ins frühe Jugendalter lebte er mit seiner Familie, welche ein Fuhrunternehmen betrieb, in dem Haus. 1479 zog die Familie von Pirna nach Leipzig, wo Tetzel später in den Dominikanerorden eintrat. 1503 verlegte die Familie ihren Wohnsitz wieder zurück nach Pirna, und 1516 erwarb die Schwester Johann Tetzels das Haus und führte dort das Fuhrunternehmen des Vaters fort.
Das Tetzelhaus und den malerischen Innenhof mit Stadtmauer und Lohgerberei (1747) erreicht man durch ein Renaissanceportal mit Sitznischen (Gestaltung um 1530). Die Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert rahmt den Innenhof ein, das Hofhaus des Ensembles, Lohgerberhaus genannt, wurde in der Tiefe des Grundstücks an die Stadtmauer gebaut.
Im Tetzelhaus ziehen sich die Jahreszahlen 1380/1381 durch alle Stockwerke. Holzuntersuchungen haben ergeben, dass das in allen Stockwerken verbaute Tannenholz im Jahr 1380 gefällt wurde. Dazu zählen profilierte Holzbalken im Erdgeschoss, die Bohlenstube im Obergeschoss und der dreigeschossige Dachstuhl. Bei der Bohlenstube, die ein eindrucksvolles Zeugnis mittelalterlicher Baukunst ist, handelt es sich um die besterhaltene Bohlenstube nördlich der Alpen. Auch der historische dreistöckige Dachstuhl mit steilem Dach und seltener Mönch-und-Nonnen-Dachdeckung ist für Pirna einzigartig. Der Dachstuhl ist der älteste eines Bürgerhauses in Pirna, nur der des Dominikanerklosters ist älter.
Von 1994 bis 2000 erfolgte eine umfangreiche denkmalgerechte Sanierung, 1998 wurde das Tetzelhaus feierlich eingeweiht. Anlässlich des 25-Jubiläums dieser Einweihung wurde 2023 in Pirna die Ausstellung „Tetzel und Pirna“ gezeigt.
Beitrag verfasst von SchS, Tetzelhaus.
Quellen:
Milde, Kurt (1998): Das Tetzelhaus in Pirna. Dresden: Verlag Christoph Hille.
Möser, Jörg/Milde, Kurt (2003): Die Bohlenstube des Tetzelhauses in Pirna. Albis.
Straube, Matthias (1994): Das Tetzelhaus in Pirna – Schmiedestraße 19, Bau- und Archivforschung. TU Dresden, Seminararbeit.
Sturm, Albrecht (2009): Pirna: Stadtführer. Kuratorium Altstadt Pirna.
Beitrag zum Tetzelhaus in der Sendung „MDR um 4“ vom 2. August 2024
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Führungen durch die historische Bohlenstube im Tetzelhaus aus dem Jahr 1381 sind im Rahmen einer erweiterten Stadtführung möglich. Buchungen erfolgen durch den:
TouristService Pirna (im Canaletto-Haus),
Am Markt 7, 01796 Pirna
Tel.: 03501 556446 (Ticketservice)